„Der P2P-Kredit ist die Geldanlage der Zukunft“ – Interview mit Klaus Wächter

P2P-Kredit

Das nachfolgende Interview erschien zuerst auf P2P Investment.

Klaus Wächter, ist Partner der Think-Gruppe Wirges. Er findet Gründerteams und entwickelt neue Geschäftsmodelle. Selbst ist er Gründer von verschiedenen Startups (beispielsweise www.papersmart.de) und berät zudem weitere Startups in Vertriebsfragen und alternativen Unternehmensfinanzierungen. Wächter ist im Vorstand der Business Angels Rheinland-Pfalz. Mit P2P Investment sprach er über die Zukunft des P2P-Kredits als Form der Geldanlage.

Lieber Herr Wächter, Fintechs sind in aller Munde. Eine große Welle der Veränderungen rollt auf die Finanzbranche zu. So scheint es zumindest. Wie sehen Sie als Investor und Business Angel die Rolle all dieser neuen Startups?

Hier wird es nach meiner Einschätzung in den nächsten Jahren massive Veränderungen geben. Banken und Versicherungen unterschätzen die neuen Marktteilnehmer. Ich verfolge die Entwicklung in diesem Bereich sehr genau und erwarte in den nächsten drei bis vier Jahren weitere interessante Startups, die den Markt weiter aufmischen werden.

Können diese Startups den Banken wirklich gefährlich werden? Und was müssen die Banken heute unternehmen, um nicht den Anschluss zu verlieren?

Auf jedem Fall werden Startups aus dem Bereich Fintech den Banken gefährlich. Die Banken haben einen extrem hohen Kostenblock, zum Beispiel durch ihr Filialsystem. Startups dagegen sind schlank aufgestellt und extrem schnell. Neue Ideen werden sofort umgesetzt. Und gerade da haben die Banken das nächste Problem. Aufgrund der Strukturen dauern Veränderungsprozesse viel zu lange.

„Umarme Deinen Gegner!“

Warum genau?

Die meisten Bankvorstände sind kurz vor ihrer Pensionierung. Da werden solche Sachen einfach ausgesessen. Meine Tipp: die Banken müssen sich intensiv mit den neuen Mitbewerbern beschäftigen. Und wenn ich der Vorstand einer Bank wäre, würde ich eine alte chinesische Weisheit zu Rate ziehen: „Wenn du einen Gegner nicht besiegen kannst, dann umarme ihn!“

Die Geldanlage per P2P-Kredit ist ein besonders stark wachsender Sektor innerhalb der großen Fintech-Szene. Wird das Kreditgeschäft im Internet zur ernsthaften Konkurrenz für die etablierten Geschäftsbanken?

Auf jedem Fall. Für beide Seiten, Kreditnehmer und Kreditgeber, sprich Geldanleger, ist der Bereich P2P-Kredit sehr interessant. Die Plattformen werden besser und standardisieren die Prozesse immer mehr. Aufgrund der aktuellen Niedrigzinsphase ist der P2P-Kredit für Geldanleger eine lukrative Alternative. Und die Einfachheit macht es für Kreditnehmer sehr einfach. Hier sehe ich in den nächsten Jahren die größten Zuwächse im Fintech-Bereich. Für diesen Bereich muss man schon fragen: „Wofür brauchen wir die Banken eigentlich noch?“

„Die Banken werden verschwinden“

Wie lautet Ihre Antwort auf diese Frage? Wofür brauchen wir die klassische Bank in Zukunft noch?

Die Banken wie wir sie heute kennen, werden verschwinden. In zehn, maximal 15 Jahren werden wir kein Bargeld mehr haben. Alle Geldgeschäfte werden online abgewickelt. Für Aktien gibt es Online-Broker, für Geldanlagen spezielle Anbieter. Kredite hole ich mir ebenfalls online. Die Anbieter sitzen irgendwo auf der grünen Wiese, die IT wird einen großen Teil der Abwicklung übernehmen. Bankmitarbeiter wird es kaum noch geben. Meines Erachtens wird die Bankenbranche in den nächsten Jahren eine Veränderung erleben, wie sie es in der Geschichte des Bankwesens noch nicht gegeben hat. Und das sind inzwischen fast 1.000 Jahre.

Woran krankt die P2P Investment-Branche aus Ihrer Sicht momentan noch?

Die P2P-Anbieter betreiben eine zweiseitige Plattform. Die Betreiber müssen also sehen, dass Angebot und Nachfrage im Einklang sind. Nach meinen Erfahrungen und Gesprächen mit Crowdlending-Betreibern gibt es aktuell mehr Geld von Kreditgebern als Anfrage von Kreditnehmern. Auf Seite des Kapitals ist das Thema bekannt und interessant. Das Thema ist meines Erachtens bei den Privatleuten noch nicht angekommen. Hier muss die Branche nachlegen und die Dienstleistung bekannter machen.

Noch sind Plattformen wie auxmoney und Lendico gesetzlich zur Zusammenarbeit mit Banken verpflichtet. Ist dies ein Hemmschuh?

Das sehe ich nicht als ein großes Problem. Gerade die Zusammenarbeit mit den Banken gibt der Branche eine gewisse Seriosität. Den Plattform-Betreibern fehlt noch die Lobby und die Aufmerksamkeit aus Berlin. Und die Banken sind an einer Zusammenarbeit interessiert. Ansonsten werden sie den Anschluss verlieren.

Wie sehen Sie selbst die zukünftigen Möglichkeiten zur Kooperation? Welche Gedanken machen Sie sich bezüglich eines eigenen Engagements auf diesem Gebiet? Werden bereits Pläne skizziert? Wie agieren Sie hier konkret?

Neben meinem Engagement als Business Angel helfe ich Startups beim Aufbau des Vertriebs. Meines Erachtens ist dieser oft eines der größten Probleme junger Unternehmen. Ich könnte mir vorstellen, dass ich einem guten Gründerteam mit der richtigen Idee helfen könnte, die PS auf die Straße zu bringen. Mit zwei Teams war ich bereits im Gespräch, leider kamen wir nicht zusammen. Aber ich werde weiter die Augen offen halten und mich in Geduld üben. Aus diesem Grund investiere ich aktuell in Startups aus anderen Bereichen sowie kleinere Beträge ins Crowdlending.

„Die Geldanlage per P2P-Kredit  wird sicherer“

Kann ein P2P-Kredit aus Ihrer Sicht langfristig eine ernsthafte Alternative für Privatanleger werden?

Garantiert. Die Plattformen werden professioneller, die Ausfallrisiken dadurch immer geringer und durch die Standardisierung werden die internen Kosten weiter sinken. Dazu kommt noch die Zinspolitik der EZB. Da gibt es inzwischen nicht mehr viele interessante Anlagemöglichkeiten für Privatanleger. Ich selbst merke in meinem Bekanntenkreis, dass immer öfter über die Geldanlage per P2P-Kredit gesprochen wird.

Ein bisschen Science-Fiction zum Abschluss: Was können wir von Fintechs und insbesondere von den P2P Investment-Plattformen in Zukunft noch erwarten?

Eine spannende Frage. Meine Vermutung: Einige Fintechs werden den Markt radikal verändern. Das Problem für die Banken: Die Fintechs holen sich die Rosinen, für die Banken und Versicherungen bleiben die Krümel. Was die Unternehmen unterschätzen, ist, dass sie den Kontakt zum Kunden verlieren werden. Es wird dazu kommen, dass einige Fintechs für viel Geld von den Banken und Versicherungen gekauft werden. Andere Unternehmen aus der Finanzbranche werden es clever anstellen und sich früher an den Startups beteiligen. Hier sei beispielhaft die Commerzbank-Tochter „main incubator“ genannt. Für Gründer mit einer Idee aus dem Bankenbereich eine ideale Lösung. Hier wird Kapital, Knowhow und Netzwerk zur Verfügung gestellt. Ich könnte mir vorstellen, dass dieses Beispiel Schule macht. Bei den P2P Investment-Plattformen haben die Banken jetzt schon das Nachsehen. Dort sehe ich ein sehr starkes Wachstum, und das im Kerngeschäft der Banken.

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